Die Trainingsbranche atmet ein wenig auf. Es gibt eine zaghafte Rückkehr zu Präsenztrainings. Das ist noch kein Grund zur Euphorie. Denn bis Präsenztrainings wieder Normalität werden, wird es noch ein Weilchen dauern. Aber auch ich habe inzwischen Termine in meinem Kalender, bei denen wieder die Anreise und ein Hotel im Kalender eingetragen sind.
Wer aktuell jedoch schaut, welche Seminarraumbilder gepostet werden, erkennt gleichzeitig einen traurigen Trend: Nämlich den zurück in ein Seminarsetting aus den 90er-Jahren. Wir sehen Bilder von Tischen in U-Form, auf denen dicke Ordner liegen. Sogar der altehrwürdige Referententisch ist zurückgekehrt. Und teilweise gibt es auch Bilder, in denen Einzeltische wie bei Klassenarbeiten in der Aula meines altehrwürdigen Gymnasiums verteilt sind. Das ist nicht gut, und es zeigt ein grundsätzliches Problem: Präsenztrainings mit Interaktion, Gruppenübungen, Erlebnispädagogik sind unter Corona nicht möglich oder nur extrem eingeschränkt.
Lohnen sich Präsenztrainings?
Insofern sei die Frage erlaubt, ob diese Art von Präsenztrainings tatsächlich ein Erfolg sind. Lohnt es sich, dafür wieder mit Präsenz zu starten? Die letzten Monate haben gezeigt, dass Live-Online-Trainings in Sachen Interaktion und Teilnehmeraktivierung kaum nachstehen. Die Fokussierung der Teilnehmenden ist oft sogar höher. Trainer werden gezwungen, sich kurz zu fassen. Langatmige Inputvorträge sind kurzen, knackigen und präzisen Instruktionen gewichen. Blended Learning wird endlich wirklich gelebt und Input in das Selbstlernen vor dem Training ausgelagert.
Das gab es alles schon vorher, aber jetzt wird es ernsthafter praktiziert. Und Transferunterstützung lässt sich durch Webinare und Online-Coaching viel leichter umsetzen. Kurzum: Präsenztrainings, nur um der Präsenz willen, sind kein Fortschritt, vor allem nicht, wenn es gar keine wirklichen Trainings sind, sondern die Trainer quasi gezwungen sind, zur Frontalpädagogik zurückzukehren. Insofern ist die Freude über die Rückkehr der Präsenztrainings möglicherweise verfrüht. Ich freue mich auf eine lebendige Debatte.